Nachts bleibt Shanghai wach: Wie traditionelle Gastronomie den Rhythmus der Stadt neu definiert
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Die volle Dynamik von Shanghais Internationaler Konsumsaison „Sommer in Shanghai“ entfaltet sich langsam im Schein der Nachtlichter. Statistik zufolge zeigt die Nachtwirtschaft der ostchinesischen Stadt einen starken Zuwachs: Seit Juni belaufen sich die gesamten nächtlichen Konsumausgaben auf 88 Milliarden Yuan (ca. 12,25 Milliarden US-Dollar), was einem Anstieg von 3,3 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht.
Durch den Magen geht die Liebe. Die Gastronomie bildet einen wichtigen Teil der städtischen Konsumtion während der heißesten Jahreszeit. Allein im Juli verdoppelte sich die Anzahl der Bestellungen von Mitternachtssnacks im Vergleich zum Vormonat.
Dies bestätigt nicht nur statistische Trends, sondern offenbart auch, wie tief die Gastronomie durch geschickte Transformation in die städtische Nachtwirtschaft verwurzelt wird.
Brückenschlag durch Digitalisierung
Auch in der internationalen Metropole gibt es ruhige Gegenden. Cang Lang Ting, ein traditionelles Restaurant in der Shaoxing-Straße im Bezirk Huangpu, sieht jeden Tag die „zwei Gesichter“ der Stadt. Während sich zahlreiche Patienten und ihre Begleiter des benachbarten Ruijin-Krankenhauses zum Mittagessen in das kleine Restaurant drängen, versinkt die Straße nach der Schließung des Kliniktors in die Stille.
Wang Changsong, Geschäftsführer des Restaurants, sagte, dass der Strom der Fußgänger dieses kleine Restaurant kaum erreichen könne. „Trotz der guten Lage in einer der pulsierendesten Straßen im Stadtzentrum von Shanghai, bleiben die Tische abends leer, denn unser Restaurant befindet sich in der Nähe von einigen wichtigen Einkaufszentren.“
Doch es regnet nicht ewig. In diesem Jahr kam die Wende unerwartet durch einen Kanal, der schon lange vernachlässigt wurde: die chinesischen Lieferplattformen für Lebensmittel.
„Vor einem Jahr haben wir schon einen Account auf den Lieferplattformen eröffnet, doch nie genutzt. Bei der Justierung unserer strategischen Ausrichtung stellt sich die Frage, ob wir den digitalen Hebel für die Nachtökonomie ansetzen können.“, sagte Wang.
Die Antwort liegt in den maßgeschneiderten Menüs für Einzelpersonen. Wer in der Nacht Hunger hat, kann direkt ein Menü auf der Online-Lieferplattform bestellen, ohne die Speisekarte im Restaurant aufzuschlagen, was die traditionelle Logik durchbricht.
Durch die Rabatte und Gutscheine, die die Plattformen während der sommerlichen Konsumsaison anbieten, schnellte die Anzahl der abendlichen Bestellungen auf täglich 100 Lieferungen, was eine deutlich steigende Tendenz darstellt. „Um ihrer Nachfrage nach kalten Nudeln und Wontons gerecht zu werden, brauchen wir mindestens zwei Stunden für die Vorbereitung der Zutaten“, so Wang. „Im ersten Geschäftsjahr blieb unsere Bilanz ausgeglichen, doch unsere digitale Strategie zielt darauf ab, in diesem Jahr profitabel zu werden.“
Wenn der Ofen bis Mitternacht glüht
Während das ober genannte Cang Lang Ting die räumliche Isolation durch digitale Kanäle überwand, dehnt das in der Qing-Dynastie gegründete Restaurant De Xing Guan etwas Grundlegendes aus: die Zeit selbst.
Seit April dieses Jahres erstrahlt die Fassade seiner Filiale im Fuxinghui-Geschäftsviertel bis 24 Uhr und bietet Rund-um-die-Uhr-Services an, was ein Novum für traditionelle Marken darstellt.
Mei Lin, Leiter dieser Filiale, gab zu, dass die Verwandlung der Strategie auf die demographischen Veränderungen in der Gegend zurückzuführen ist: in nur wenigen Jahren schrumpfte die Bevölkerung hier von 400.000 auf 50.000.
Doch wo viel Schatten ist, ist auch viel Licht. Als Shanghais Stadtzentrum wurden hier eine Vielzahl von Hotels aufgebaut. Irgendwann fühlen sich die Hotelgäste hungrig, und sie können immer etwas Leckeres finden. Der Jahrhundertbetrieb bietet ihnen auch spätabends authentische Shanghaier Geschmackserlebnisse.
Die Politik als Rahmengeber
Angesichts des komplexen internationalen Umfeldes und der globalen Wirtschaftslage ist die inländische Nachfrage eine der wichtigsten Säulen für die Wirtschaftskonjunktur des Landes. Vor diesem Hintergrund unterstützen die Shanghaier Regierungsbehörden gezielt die Gastronomie, um die Nachtökonomie kontinuierlich anzukurbeln.
Zhu Min, Direktor der Städtischen Handelskommission von Shanghai, verwies zuvor auf vier Schlüsselaufgaben zur Förderung der Nachtwirtschaft, nämlich die Förderung der Shanghaier Esskultur, die Werbung für die chinesische Esskultur, die Anziehung von international berühmten gastronomischen Marken und den Aufbau eines internationalen Zentrums für Gaumenfreuden. Wichtig sei dabei, die Aktivitäten zur Förderung der Nachtwirtschaft zu veranstalten und die Verbindung zwischen Handel, Tourismus, Kultur, Sport und Gastronomie zu stärken, um die nächtlichen Konsumpotenziale freizusetzen.
Neue Konsumszenarien als neue Wirtschaftsmotoren
Wie können die alten Marken neue Beiträge zur Förderung der lokalen Esskultur leisten? De Xing Guan dient wieder als ein gutes Beispiel.
Parallel zur 24-Stunden-Öffnungszeit entfaltet das Restaurant eine zweite Innovation fernab der Ladentheke. Schon zwei Monate vor dem chinesischen Mondfest läuft die Produktion von frischen Mondkuchen bereits auf Hochtouren, doch statt des erwarteten Gedrängels vor dem Tor schafft die Online-Strategie neue Verkaufskanäle.
„Täglich bearbeiten wir über 300 Online-Bestellungen auf den E-Commerce-Plattformen, ein Fünftel davon für Mondkuchen“, erläuterte der Manager des Restaurants. Für die Hochphase ab dem 10. September sind zwei Backöfen tagsüber geplant. Eine eigene Verpackungslinie garantiert, dass die Köstlichkeiten „brühwarm vom Ofen auf den Tisch“ gelangen.
Das digitale Angebot schafft nicht nur neue Verkaufskanäle, sondern ermöglicht auch eine bedarfsgerechte Produktionssteuerung, die physische Warteschlangen obsolet macht.
Diese 88 Milliarden Yuan nächtlicher Konsumausgaben sind kein abstrakter Wert. Sie speisen sich aus unzähligen mikroökonomischen Anpassungen: So wie bei Cang Lang Ting verwandeln digitale Plattformen räumliche Nachteile in virtuelle Reichweite. So wie bei De Xing Guan sind hundertjährige Betriebsrhythmen den Bedürfnissen einer globalisierten Metropole angepasst worden.
Es ist dieses vielschichtige Ineinandergreifen von Traditionen und digitalem Wandel, von lokalem Handwerk und globaler Kundschaft, das Shanghais nächtliche Vitalität webt. Die Restaurants, jene „Kapillaren des Körpers der Stadt“, erweisen sich einmal mehr als sensibelste Seismographen urbanen Wandels – und zugleich als dessen geschickteste Gestalter.