Shanghai als Epizentrum der Transformation der globalen Automobilindustrie
Am letzten Freitag öffnete die 21. Internationale Ausstellung für Automobilindustrie in Shanghai erstmals für Fachbesucher [Foto: chinadaily.com.cn]
Am letzten Freitag öffnete die 21. Internationale Ausstellung für Automobilindustrie in Shanghai (auch bekannt als Auto Shanghai 2025) erstmals für Fachbesucher. Nur wenige Tage zuvor hatte Toyota mit dem Lexus New Energy Vehicle Project einen Meilenstein in Shanghai gesetzt – das zweite ausländische Alleininvestitionsprojekt in der chinesischen Automobilbranche nach Tesla. Trotz komplexer globaler geopolitischer Rahmenbedingungen drängen internationale Automobilkonzerne und Zulieferer nicht nur weiterhin nach China, sondern konzentrieren ihre Aktivitäten gezielt auf Shanghai. Die Stadt entwickelt sich zum Schmelztiegel visionärer Ideen und innovativer Konzepte, die der globalen Automobilindustrie neuen Schwung verleihen.
Internationale Investitionen als Vertrauensbeweis
Teslas Gigafabrik in Shanghai [Foto: VCG]
Die Ansiedlung von Toyotas neuer Elektrofahrzeug-Produktionslinie in Shanghai gilt als ein Projekt von globaler Strahlkraft, das vergleichbar mit Tesla-Gigafabrik ist und einen strategischen Wendepunkt markiert. Bereits 2018 löste Teslas Einstieg in China einen „Katalysatoreffekt“ für die heimische E-Mobilitätsbranche aus. Nun könnte Toyota mit seiner breit angelegten Kooperation in Bereichen wie autonomes Fahren, Wasserstofftechnologie, Batterierecycling und intelligenter Lieferkettenlogistik neue Impulse setzen.
„Seit der Bekanntgabe des Lexus-Projekts im Bezirk Jinshan in Shanghai reißen die Anfragen nicht ab“, berichtet Peng Xijun, Generalmanager der Shanghai Xinjinshan Industrial Investment Development Co.,Ltd. Täglich kämen sechs bis sieben Delegationen aus Industriestädten wie Ningbo oder Suzhou, die Partnerschaften anstreben. Viele Zulieferer, die einst Tesla verpassten, wollen nun Teil von Toyotas Lieferkette werden. Das Industriegebiet prüft derzeit Grundstücke und Fabrikhallen, um maßgeschneiderte Ansiedlungskonzepte zu entwickeln.
Parallel zu Toyotas Engagement unterstrich Ola Källenius, Vorsitzender des Vorstands der Mercedes-Benz Group AG, auf einem Technologietag in Shanghai die wachsende Bedeutung Chinas: „In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurde China zur zweiten Heimat von Mercedes-Benz. Unsere lokale Forschung und Entwicklung hat sich von ‚In China, für China‘ zu ‚In China, für die Welt‘ weiterentwickelt.“ Der Konzern kooperiert bereits mit chinesischen KI-Unternehmen, um Cloud-Infrastrukturen für autonomes Fahren zu optimieren und Sprachmodelle in Fahrzeuge zu integrieren. Auch BMW präsentierte auf der Messe zwei KI-Systeme für ab 2025 in China zu produzierende Modelle.
Zulieferer-Kette folgt dem Tempo
Mit den globalen OEMs strömen auch Schlüsselzulieferer nach Shanghai. Die Schaeffler Group gründete im Januar ein Tochterunternehmen im Bezirk Jiading, das maßgeschneiderte Wasserstofflösungen entwickelt. Im Februar startete Tesla-Megafabrik in der Lingang New Area die Produktion von Industriebatterien mit einer Kapazität von 40 GWh pro Jahr. Bis 2025 plant Tesla eine Steigerung der Energiespeicherproduktion um mindestens 50 Prozent.
Ebenfalls in der Lingang New Area erweitert BASF seinen Produktionsstandort mit einer Investition von 500 Millionen Yuan. Die Anlage soll im Jahr 2027 in Betrieb genommen werden und Lösungen für NVH-Optimierung (Noise, Vibration, Harshness) in Elektrofahrzeugen liefern. „Kein Auto heißt BASF, aber fast jedes Auto enthält BASF-Produkte“, erklärt der Vizepräsident des Unternehmens.
„Shanghais Geschwindigkeit“ setzt neue Maßstäbe
Die erstaunliche Geschwindigkeit Shanghais beeindruckt selbst erfahrene Investoren. „Ihr seid so schnell, dass wir kaum mithalten können“, zitiert Peng Xijun einen Toyota-Verantwortlichen mit den Worten. Das Lexus-Projekt durchlief Verhandlungen (2023), Vertragsabschluss (2024), Grundstückserwerb (April 2024) und soll bereits 2027 produzieren – ein Tempo, das selbst Teslas Rekord von 2019 (Grundsteinlegung bis Serienproduktion in einem Jahr) übertrifft.
Hinter dieser „Shanghai-Geschwindigkeit“ steht mehr als infrastrukturelle Kompetenz und immer optimiertes Geschäftsumfeld. Für Lexus implementierte die Stadt ein mehrstufiges Koordinationssystem und digitale Plattformen für Rund-um-die-Uhr-Unterstützung. Das seit einem Jahrzehnt reservierte große Industriegelände im Bezirk Jinshan – von Peng als „seltenes, großflächiges und gut erschlossenes Terrain“ beschrieben – blieb bewusst ungenutzt, bis das passende Großprojekt kam.
Ökosystem macht den Unterschied
Foto: VCG
„Shanghais Fertigungskompetenz ist unschlagbar“. Im Umkreis von 300 Kilometern konzentrieren sich 40 Prozent der chinesischen Fahrzeugproduktion. Das „4+N“-Cluster (Jiading, Jinqiao, Lingang, Jinshan plus Dienstleistungszentren) vereint Forschung, Entwicklung, Produktion, Marketing und Kultur unter einem Dach.
Laut Jin Jun, Automobilexperte bei PwC China, bildet diese vollintegrierte Wertschöpfungskette Shanghais entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Während globale Konzerne ihre China-Strategien vertiefen und lokale Zulieferer aufrüsten, wird die Stadt zum „Auge des Taifuns“ – jenem Punkt, an dem sich die Transformation der globalen Automobilindustrie bündelt und beschleunigt. Mit jeder neuen Ansiedlung festigt Shanghai seine Rolle als Architekt der Mobilitätszukunft.
Quelle: Jiefang Daily, kompiliert mit wichtigen Änderungen