Die Stadt will bei Innovationen vorankommen, neue Vorschriften im Rahmen der Entwicklungsinitiative erlassen und Produktivkräfte neuer Qualität stärken.

Zwei KI-gesteuerte Androiden spielen Fußball mit einem Kind im IFC Mall in Shanghai, 14. Juni 2025. [Foto: GETTY IMAGES]

Die Zahl der Cafés in Shanghai liegt bereits bei über 10.000 und übertrifft damit andere Städte. Doch der Geschmack allein ist nicht mehr der Hauptfaktor, um die Aufmerksamkeit der Kaffeeliebhaber zu gewinnen.

Han Zhaolin, Gründer eines Roboterunternehmens in Shanghai, regt Cafés an, ihren Kundinnen und Kunden mehr „Emotionswert“ zu bieten – idealerweise mithilfe technologischer Anwendungen.

Die Roboter-Baristas der sechsten Generation seines Unternehmens können einen solchen Wert schaffen, indem sie das Bild eines Kunden als Latte-Art auf den Kaffee bringen.

Die Idee geht zum Teil auf die engen Beziehungen des Unternehmens zur lokalen Community im Shanghaier Bezirk Changning zurück, der in der Stadt als „Silicon Alley“ gilt.

„Hier ist es viel Trubel“, sagte Han, „Dies kann neue Lifestyle und Konsumszenarien mit sich bringen, deshalb haben wir unser Büro 2018 im Bezirk Changning angesiedelt. Die Community schafft neue Inspirationen, sei es vom Schreiben von Codes oder von der Entwicklung der Roboter.“

Der Logistiklösungsanbieter WestWell, der in Shanghai ansässig ist und sich auf KI sowie Autopilot-Technologie spezialisiert hat, hat auch 2024 seine Niederlassung in dieser „Silicon Alley“ gegründet.

„Wir schreiben Codes und diskutieren über die aktuellsten technologischen Trends unter Platanen“, so beschrieb Tan Limin, Gründer und CEO des Unternehmens, den Arbeitsalltag.

„Für unsere Mitarbeiter ist die gute Erreichbarkeit von Restaurants, Convenience-Stores, Museen und Sportstätten sehr attraktiv, da die meisten von ihnen Auslandserfahrungen haben“, so Tan.

„Die gute Verkehrsanbindung ist ein weiterer Anziehungspunkt. Von meinem Büro aus bin ich in nur 30 Minuten am Flugsteig“, so Tan weiter, „In den vergangenen Jahren haben wir einen Trend beobachtet, dass immer mehr Technologieunternehmen wieder in die Innenstadt zurückkehren.“

„Manchmal arbeiten unsere Ingenieure in den Cafés. Sie können die Upgrade-Pläne leichter fertigstellen. Es gibt noch zwei weitere Technologieunternehmen, die 15 Gehminuten von WestWell entfernt sind, was hier eine gute Innovationsatmosphäre schafft“, fügte Tan hinzu.

Inzwischen sind mehr als 900 Hightech-Startups in der „Silicon Alley“ tätig, die sich nur über 1,48 Quadratkilometer erstreckt. Die Geschäftsabschlüsse kommen dort mitunter bei einer Tasse Kaffee zustande.

Im Jahr 2014 begann Shanghai mit der Renovierung bestehender Räume. Liu Ping, Leiter des Bezirks Changning, wies darauf hin, dass das Ziel des Bezirks sei, seine Kapazitäten durch eine „Mikroaufwertung“ der bestehenden Arbeitsräume zu optimieren, die im Stadtzentrum Shanghais eine knappe Ressource darstellen.

„Unser Ziel ist, ein Innovationsökosystem zu schaffen. Wir hoffen, dass sowohl Industrie- als auch Lieferketten direkt im Bürogebäude der Unternehmen zur Verfügung gestellt werden können. Zudem sollten technologische Innovationen nicht weit vom Alltagsleben entfernt sein, denn das Endprodukt zielt auf den Wohlstand unseres Lebens ab“, fügte Liu hinzu.

Während sich Shanghai auf Stadtebene auf den 15. Fünfjahresplan (2026-2030) vorbereite, solle der Bezirk Changning an seinen Stärken festhalten, indem er durch Modernisierungsmaßnahmen Hightech-Industriecluster in den Kernbereichen der Stadt aufbaut, sagte Liu.

Zwei Roboter spielen am 10. September während der Inclusion·Conference 2025 am Bund in Shanghai ein vierhändiges Klavierduett. [Foto zur Verfügung gestellt von China Daily]

Größere Vision

Das Engagement des Bezirks Changning ist nur ein Ausschnitt aus Shanghais Ziel für die kommenden fünf Jahre: die Stärken der Stadt umfassend zu nutzen und eine führende Rolle bei der Entwicklung zukunftsorientierter Industrien zu übernehmen.

Während einer Sitzung der Shanghaier Volksregierung Ende November betonte der Bürgermeister Gong Zheng, dass der 15. Fünfjahresplan für die Transformation und Modernisierung der Stadt von entscheidender Bedeutung sei. Es müssten unermüdliche Anstrengungen unternommen werden, um Produktivkräfte neuer Qualität zu entwickeln. Shanghai solle seine Rolle als Quelle technologischer Innovationen und als Ort, an dem Innovationsergebnisse erfolgreich umgesetzt werden können, festigen, sagte er.

Shanghai sieht sich auf einem guten Weg, diese Ziele zu erreichen. In den ersten drei Quartalen des Jahres 2025 stieg die industrielle Gesamtproduktion der drei zukunftsweisenden Branchen KI, Biomedizin und integrierte Schaltkreise im Vergleich zum Vorjahr um 8,5 Prozent, was zu einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von Shanghai um 5,5 Prozent in diesem Zeitraum beitrug – 0,3 Prozentpunkte über dem nationalen Durchschnitt und über den Markterwartungen.

Während das BIP von Shanghai im Jahr 2024 5,39 Billionen Yuan (ca. 760 Milliarden US-Dollar) erreichte, belief sich die industrielle Gesamtproduktion der drei zukunftsweisenden Branchen auf 1,8 Billionen Yuan.

Ihr Beitrag zu Shanghais BIP betrug im vergangenen Jahr 33,4 Prozent, verglichen mit etwa 7,5 Prozent im Jahr 2021, als der 14. Fünfjahresplan (2021-2025) begann.

Aber Shanghai hat eine größere Vision.

Ende Oktober hat die Stadt 15 Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung von „bahnbrechenden und disruptiven Technologien“ ergriffen, darunter Zell- und Gentherapie, Gehirn-Computer-Schnittstellen, siliziumbasierte Optoelektronik, Quantentechnologie und kontrollierte Kernfusion.

Obwohl diese Bereiche weniger bekannt sind, hat Shanghai bereits einen Fonds in Höhe von 15 Milliarden Yuan eingerichtet, um diese zukunftsweisenden Industrien zu fördern. Es wurden konkretere Ziele gesetzt, darunter die Förderung von 20 Branchenführern in diesen Spitzentechnologiebereichen bis 2027. Bis 2030 sollen in der Stadt auch Industriecluster für diese Spitzentechnologien entstehen.

Wang Sizheng, Präsident der Shanghai Society of Macroeconomics, sagte, die Stärkung der technologischen Unabhängigkeit sei eine Kernaufgabe für Shanghai in den kommenden fünf Jahren.

Die Entwicklung der Produktivkräfte neuer Qualität verlaufe jedoch nicht linear. In der Regel löse ein einzelner technologischer Durchbruch Ketteneffekte aus. In diesem Sinne seien technologische Innovationen tief in der industriellen Modernisierung verankert. Aus diesem Grund spielen Unternehmen in der Regel eine entscheidende Rolle bei Innovationen, so Wang.

Die Besucher informieren sich am 27. Oktober über das KI-Industrieökosystem auf einem internationalen Konsumkarneval in Shanghai. [Foto zur Verfügung gestellt von China Daily]

Bedeutung der Marktteilnehmer

Die Volksregierung der Stadt ist sich bewusst, wie wichtig die Marktteilnehmer für Innovation sind. Ende November veröffentlichte sie die überarbeitete Fassung der Verordnung zur Verbesserung des Geschäftsumfeldes in Shanghai.

Darin wird betont, dass das Geschäftsumfeld innovations- und unternehmerfreundlicher gestaltet werden sollte. Außerdem sollen günstigere Maßnahmen zur Talentförderung getroffen und der Aufbau von Innovationsclustern weiter unterstützt werden.

Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Innovationsaktivitäten in der Stadt weiter zu beleben. Die überarbeitete Verordnung wird am 1. Januar 2026 in Kraft treten.

Gleichzeitig wird Shanghai sein Geschäftsumfeld verbessern, um mehr ausländische Unternehmen anzuziehen, die laut der Städtischen Handelskommission eine wichtige Rolle bei der Modernisierung spielen.

Luo Zhisong, Chefökonom der Städtischen Handelskommission von Shanghai, sagte, dass die Investitionen multinationaler Unternehmen in Shanghai in den vergangenen Jahren trotz der Widrigkeiten und Komplexitäten auf dem globalen Markt stärker und hochwertiger geworden seien.

Statistiken und Beispiele stützen Luos Einschätzung.

Ein intelligenter Roboter und ein Roboterhund inspizieren am 15. Juli die Außenwände des Shanghai Mansion, eines historischen Wahrzeichens, und sammeln Daten für Erhaltungsmaßnahmen. [Foto zur Verfügung gestellt von China Daily]

Höhere Standards und strengere Anforderungen

Chen Jining, Sekretär des Shanghaier Stadtkomitees der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh), sagte, China habe für die Öffnung des Landes während der Laufzeit des 15. Fünfjahresplans höhere Anforderungen gestellt. Shanghai sollte seine Rolle als internationaler Verkehrsknotenpunkt voll ausschöpfen. Zudem sollte die Stadt die verschiedenen Innovationsergebnisse, die in der Freihandelszone Shanghai erzielt wurden, besser nutzen. So könnte sie Chinas Fortschritte auf dem Weg zu einer Öffnung auf höherem Niveau anführen.

Shanghai sollte die nationalen und internationalen Märkte besser miteinander verbinden und gleichzeitig die Ressourcen beider Märkte effizienter nutzen, sagte er.

Während der Laufzeit des 14. Fünfjahresplans (2021-2025) wurden in Shanghai jedes Jahr über 5.700 neue ausländische Unternehmen registriert. Als essentielles Tor für Chinas Öffnung müsse Shanghai für die kommenden fünf Jahre und sogar für einen noch längeren Zeitraum die frischesten Ideen der Welt sammeln und von den fortschrittlichsten internationalen Erfahrungen lernen, sagte Chen.

Ende November hielt die Volksregierung eine Sitzung mit ausländischen Branchenführern ab, um deren Vorschläge zur Stadtentwicklung in den kommenden fünf Jahren einzuholen.

Jan Van der Borght, Wirtschaftsberater der belgischen Botschaft, erklärte bei der Sitzung, Shanghai verfüge über besondere Stärken im Offshore- und grenzüberschreitenden Handel. Vor diesem Hintergrund könne Shanghai in bestimmten Bereichen spezielle Devisenmanagementkanäle für qualifizierte Unternehmen einrichten und grenzüberschreitende Abrechnungen vereinfachen.

Durch die Angleichung an internationale Wirtschafts- und Handelsregeln – etwa das Umfassende und Fortschrittliche Transpazifische Partnerschaftsabkommen sowie das Abkommen über digitale Wirtschaftspartnerschaft – könne in Shanghai ein klarer, sicherer und effizienter Mechanismus für den grenzüberschreitenden Datenfluss geschaffen werden.

Er schlug außerdem vor, eine digitale All-in-One-Serviceplattform einzurichten, um das Prüfungsverfahren für Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung für Ausländer zu vereinfachen.

Mohd Shahafeez Shaharis, Generalkonsul von Malaysia in Shanghai, sagte, dass sich das wettbewerbsfähige Innovationsökosystem der Stadt und die strategische Position Malaysias in der Vereinigung südostasiatischer Staaten hervorragend ergänzen.

Shanghai könne die Beziehungen zu Malaysias wirtschaftlich bedeutenden Städten wie Johor Bahru und Penang weiter stärken, um das Wirtschaftswachstum aus einer breiteren Perspektive voranzutreiben. Kleine und mittlere Unternehmen beider Orte könnten tiefer in die jeweiligen Lieferketten integriert werden, sagte er.

Die Festigung der Rolle Shanghais als internationales Zentrum für Wirtschaft, Finanzen, Handel, Schifffahrt und Innovation sollte laut den Vorschlägen ganz oben auf der Agenda der wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt stehen.

Der Aufbau eines modernen Industriesystems gehörte zu den weiteren Schwerpunkten, die von den Vertretern und Experten vorgeschlagen wurden. Auch die weitere Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung, die Suche nach Reformen und Öffnungen auf hohem Niveau sowie die Förderung der integrierten Entwicklung städtischer und ländlicher Gebiete und die Stärkung der Stadtverwaltung und -sicherheit gehörten dazu.

Unterdessen trat im Juli die Verordnung zur Entwicklungsplanung Shanghais in Kraft. Das Gesetz, das erste seiner Art in Shanghai, bildet die rechtliche Grundlage für die Pläne der Stadt für die kommenden fünf Jahre.

Laut Wang von der Shanghai Society of Macroeconomics wurden all diese Anstrengungen unternommen. Denn die Erstellung des 15. Fünfjahresplans für Shanghai war aufgrund des hochkomplexen externen Umfelds und der sich rasch verändernden wirtschaftlichen Bedingungen mit „extremen Schwierigkeiten“ oder „beispiellosen Herausforderungen“ verbunden.

„Daher sind eine koordinierte Planung und die Bildung einer gemeinsamen Kraft für die kommenden fünf Jahre besonders entscheidend. Die Welt entwickelt sich immer schneller, und Shanghai war schon immer eine weltoffene Stadt. Die Konsolidierung der realwirtschaftlichen Grundlagen, die Förderung der Modernisierung traditioneller Industrien und der Ausbau neuer Industrien bei gleichzeitigem Einsatz in zukunftsweisenden Branchen werden für Shanghai von gleicher Bedeutung sein. Daher ist eine klarere Planung für die Stadt von entscheidender Bedeutung“, sagte er.

 

Ein Beitrag von China Daily.