NDR Elbphilharmonie Orchester stellt Klänge von Tradition und Zukunft in Shanghai dar
Unter der Leitung des US-amerikanischen Dirigenten Kent Nagano bringt das NDR Elbphilharmonie Orchester am 7. Juli 2025 ein musikalisches Fest für das Publikum in Shanghai. [Foto: The Paper]
Am Montag dirigierte der 73-jährige Kent Nagano das NDR Elbphilharmonie Orchester auf einem Konzert im Rahmen des Sommerlichen Musikfestivals von Shanghai (Music In the Summer Air, MISA). Dieses Konzert markiert Naganos letztes Gastspiel mit dem Hamburger Ensemble in seiner aktuellen Position. „Es ist ein Abschied von meinen Musikern, aber auch ein Neuanfang“, erklärte der US-amerikanische Dirigent mit japanischen Wurzeln. Nach Beendigung seines Engagements in Hamburg übernimmt er die Künstlerische Leitung des Spanischen Nationalorchesters.
Das NDR Elbphilharmonie Orchester vereint als einziges deutsches Spitzenorchester sinfonische und operatische Aufführungspraxis. Diese Doppelfunktion macht es zum arbeitsintensivsten Klangkörper Hamburgs: Pro Spielzeit bestreitet es neben etwa 35 Konzerten über 200 Opern und Ballette. Nagano leitete das Ensemble seit 2015 als Chefdirigent, parallel zu seiner Position als Musikdirektor der Hamburgischen Staatsoper.
„Obwohl deutsche Musiker die Mehrheit stellen, kommen unsere Mitglieder aus 17 Nationen. Ein Sinfonieorchester ist ein Mikrokosmos einer Gesellschaft: Menschen arbeiten zusammen, um gemeinsame Ziele zu erreichen“, erläuterte Nagano.
In dem Jahrzehnt ihrer Zusammenarbeit entwickelten Dirigent und Orchester den charakteristischen „Hamburger Klang“. Nagano betont jedoch: „Zu behaupten, ein Dirigent allein präge den Orchesterklang, wäre etwas arrogant. Es ist ein organischer Prozess, kein erzwungenes Konstrukt.“ Vor Probenbeginn werde intensiv an Klangfarbe, Homogenität und künstlerischer Einheit gearbeitet; im Konzert entfalte sich der „Hamburger Klang“ dann ganz natürlich.
Das Repertoire des Orchesters widmet sich neben der Fortsetzung der klassischen Tradition auch einer bemerkenswerten Gegenwartsorientierung – es führt regelmäßig umfangreiche Werke moderner Komponisten auf. In Shanghai wünschte sich Nagano, das Publikum möge „sowohl Hamburgs musikalische Tradition als auch den Ruf der Zukunft“ vernehmen.
Musikkritiker Li Yanhuan beschrieb seinen Eindruck vom Konzert: „Dieses Orchester verkörpert handwerkliche Souveränität und künstlerische Klasse.“ In Mozarts Klavierkonzert vernahm er „operistische DNA“, während Beethovens Siebte Sinfonie „eine meisterhafte Balance zwischen struktureller Klarheit und emotionaler Tiefe“ offenbarte. Diese Interpretation bezeuge „die innige künstlerische Verbindung, die sich in Naganos zehnjähriger Zusammenarbeit mit dem Orchester entwickelt hat“.
Kent Nagano und das Orchester treten vor den Vorhang. [Foto: The Paper]
In seiner Jugend erwog Nagano eine diplomatische Laufbahn, entschied sich dann aber letztendlich für die Musik: „Musik ist der bessere Botschafter als Sprache.“
Aufgewachsen in einer kalifornischen Fischergemeinde mit Einwanderern aus Japan, China, Deutschland und anderen europäischen Ländern, erlebte er sein Dorf als „faszinierendes Mosaik der Kulturen“. Die Nachbarschaft mit europäischen Familien ermöglichte ihm frühen Zugang zu deren Kulturen.
Mit fünf Jahren erhielt er Klavierunterricht von einem Münchner Professor, der ihn neben Musik auch mit deutscher Philosophie, Religion und Kunst vertraut machte. Die starke deutsche Prägung überraschte Nagano später selbst, als er nach Deutschland zog: „Ich fühlte mich wie nach Hause kommend – als folgte ich einem Ruf.“
Zu den Stationen seiner Karriere gehörten Chefdirigenten-Positionen bei dem Deutschen Sinfonie-Orchester Berlin, dem Bayerischen Staatsorchester und dem NDR Elbphilharmonie Orchester. „Diese drei Klangkörper haben völlig unterschiedliche Charaktere“, bemerkte Nagano. Die faszinierendste Eigenschaft deutscher Kultur sei ihre regionale Vielfältigkeit, die über Jahrhunderte Komponisten wie Telemann, Händel, C.P.E. Bach, Mendelssohn, Brahms und Mahler in Hamburg geprägt habe.
Die 2017 eröffnete Elbphilharmonie avancierte zum musikalischen Wahrzeichen Hamburgs. Während ihrer zehnjährigen Bauzeit sorgten Budgetüberschreitungen und technische Herausforderungen für Kontroversen. Als Nagano sein Hamburger Engagement annahm, war erst 40 Prozent des Baus fertiggestellt. Heute ist die Konzerthalle ein kultureller Magnet: „Sie ist mehr als ein Konzertort – sie ist vielmehr ein Treffpunkt und ein Symbol urbaner Vitalität“, so Nagano.
Sowohl die Elbphilharmonie als auch die Shanghais Konzerthalle seien beispielhafte Architekturprojekte. Als Partnerstädte zeigen Hamburg und Shanghai verblüffende Ähnlichkeiten: „Beide sind weltoffene Hafenmetropolen mit pulsierendem Leben – Fenster zur internationalen Welt.“
Nagano erinnerte sich an seinen ersten Shanghai-Besuch vor zehn Jahren: „Anders als im Klischee des Fahrradlands erlebte ich ein technologisch revolutioniertes China, das heute zu den innovativsten Nationen zählt – eine bemerkenswerte Entwicklung.“ Dieser kulturelle Dialog zwischen Tradition und Fortschritt spiegelte sich im Klangabend wider, der Shanghais Publikum eine musikalische Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft schlug.
Quelle: The Paper, kompiliert mit wichtigen Änderungen