Das Musiktheaterstück „Die ganze Wahrheit über Lügen“ feiert seine Asienpremiere in Shanghai
Am 25. und 26. April findet in der Shanghaier Musikhalle die Asienpremiere des Theaterstücks „Die ganze Wahrheit über Lügen“ statt. [Foto: Shanghai Observer]
Am 25. und 26. April fand in der Shanghaier Musikhalle (Cadillac Shanghai Concert Hall) die Asienpremiere des Theaterstücks „Die ganze Wahrheit über Lügen“ statt, einem Musiktheaterstück, das von dem deutschen Ensemble „Nico and the Navigators“ und den Schwetzingen SWR Festspielen koproduziert wurde. Shanghai ist die einzige Station dieses Theaterstücks in Asien.
Das Werk kombinierte Musik, Tanz, Theater, visuelle Kunst, Technologie der KI u.s.w. und ließ das Publikum zwischen Gesang, Tanz und Text hin und her wandern und ein audiovisuelles Fest aus Klassik und Pop genießen.
Das Stück navigierte durch 20 Musikstücke – von Händel über Chopin, Bach und Schostakowitsch bis zu Ligeti –, die mit Gitarren, elektronischen Klängen und Neukompositionen zeitgenössisch interpretiert wurden.
„In Berlin saßen sowohl hippe Jugendliche als auch traditionelle Silberhaarige im Publikum. Diese Altersvielfalt freut uns besonders“, erzählte Regisseurin Nicola Hümpel im Interview. „Obwohl unsere Arbeit abstrakt und poetisch ist, spürten wir in Shanghai eine starke kulturelle Resonanz.“
„Nico and the Navigators“ sprengte die Grenzen des traditionellen Theaters und präsentierte eine bahnbrechende und poetische Bühnenerzählung. Seit ihrer Gründung im Jahr 1998 hat die Theatergruppe mit ihrer einzigartigen Bildsprache und ihren innovativen Inszenierungen international für Aufsehen gesorgt.
Ihre Produktionen wurden nicht nur in renommierten Theatern und bei Musikfestivals in Deutschland wie der Berliner Philharmonie, dem Konzerthaus Berlin und der Münchener Biennale gezeigt, sondern auch auf Bühnen in aller Welt eingeladen, darunter die Wiener Festwochen und das Palais des Beaux-Arts in Brüssel.
Am 25. und 26. April findet in der Shanghaier Musikhalle die Asienpremiere des Theaterstücks „Die ganze Wahrheit über Lügen“ statt. [Foto: Shanghai Observer]
Ein Höhepunkt war die transparente Hologramm-Leinwand, die mit Hilfe von „Pepper’s Ghost“-Technik und Videoprojektionen die Wahrnehmung der Zuschauer herausfordert. „Theaterstück ist die schönste Lüge – eine Kunst des Zaubers“, so Hümpel. In einer Ära von Fake News und sozialer Desinformation reflektiert die Inszenierung, wie kleine Lügen (etwa die deutsche „Klopapier-Panik“ während der Pandemie) gesellschaftliche Kettenreaktionen auslösen. Eine Schlüsselzeile lautet: „Jeder Krieg beginnt mit einer kleinen Lüge.“
Die Produktion integrierte KI-generierte Bilder, die live zu den Bewegungen der Darsteller entstanden und an westliche Skulpturen oder Ölgemälde erinnerte. „Für die Schauspielerinnen ist das eine enorme Herausforderung, da sie präzise Choreografien einhalten müssen“, erklärte Oliver Proske, der die KI-Steuerung auf der Bühne einsetzte. „Jede Änderung der Kleidung oder Befehle erzeugt neue Reaktionen – das erforderte monatelange Feinjustierung.“ Doch trotz technischer Faszination betonte er: „Künstler müssen ihre menschliche Rolle wahren – echte Verbindungen, Freundschaften und sinnliche Welterfahrung können Algorithmen nicht ersetzen.“
Mit dieser philosophischen Reflexion über Wahrheit, Technologie und künstlerische Verantwortung hinterließ das Ensemble einen bleibenden Eindruck – und bewies einmal mehr, dass deutsche Avantgarde auch jenseits Europas Brücken baut.
Quelle: Shanghai Observer, kompiliert mit wichtigen Änderungen