Versteckte Perlen: Unentdeckte Attraktionen in Shanghai

german.shanghai.gov.cn

Was würden Sie während Ihrer Shanghai-Reise machen? Auf der Nanjing-Oststraße schlendern, im Yu-Garten Fotos machen oder mit einem Schiff auf dem Huangpu-Fluss fahren... So sehen die Reisepläne der meisten internationalen Touristen aus.

Doch nur wenige Kilometer südlich verstecken sich die wahren „Schätze“ von Shanghai: die unentdeckte Altstadt, die still, fast vergessen aber voller Geschichten ist.

„Viele Besucher in Shanghai kennen nur den Bund, den Yu-Garten und die Nanjing-Straße, aber verpassen oft die historisch bedeutende Altstadt“, sagte der Reiseleiter Wang Moyuan. Hier stehen drei wichtige historische Stätten: der Konfuzius-Tempel (chinesisch: 文庙, Wén Miào), die Xianmianci-Straße und die Qiaojia-Straße. Diese drei Orte bilden ein kulturelles Rückgrat von Shanghais Altstadt.

Konfuzius-Tempel: Wo der Duft von Papier und Bleistift auf das Alltagsleben trifft

Grafik5.png

Ein Rendering des Konfuzius-Tempels (Wenmiao) in Shanghai. [Foto: WeChat-Konto „shhuangpu“]

Der Konfuzius-Tempel, dessen Ursprünge bis in die Südliche Song-Dynastie zurückreichen, wird derzeit umgebaut und ist deshalb vorübergehend geschlossen. „Dies war einst die höchste Bildungseinrichtung in Shanghai“, so Wang, der den Tempel bereits oft besucht hat. „Für viele alteingesessene Shanghaier ist jedoch der frühere Antiquariatsmarkt das charakteristischste Merkmal von Wenmiao.“

Der Grund, warum Wang so sagte, liege darin, dass Wenmiao in den 1990er Jahren ein heiliger Ort für Bücherliebhaber gewesen sei. „Jeden Sonntag strömten die Menschen hierher, vor allem ältere Menschen, die Schlange standen, um Bücher zu kaufen.“

Während seines zehnminütigen Aufenthalts vor dem Tempel traf Wang auf zwei Gruppen von internationalen Touristen. Sie lasen sorgfältig die englischen Beschilderungen und machten Fotos. Zwei von ihnen kamen aus der Schweiz. Sie haben die Informationen des Tempels recherchiert und sich für einen Besuch dieses kulturellen Wahrzeichens entschieden. Schade ist, dass es sich derzeit im Umbau befindet.

Xianmianci-Straße: Eine wichtige Erinnerung an Shanghais Textilindustrie

Grafik6.png

Eine Skulptur von Huang Daopo, einer Pionierin der Textilherstellung in der chinesischen Geschichte. [Foto: IC]

Nur einen kurzen Spaziergang vom Tempel entfernt liegt die Xianmianci-Straße. Diese unscheinbare Gasse bewahrt die Erinnerung an eine großartige Epoche: die Blütezeit von Shanghais Baumwolltextilindustrie.

„Xianmianci“ (chinesisch: 先棉祠, Xiān Mían Cí) ist nach einem Ahnentempel benannt: „Xian“ steht im Chinesischen für „Vorfahren“, „Mian“ steht für Baumwolle, während „Ci“ auf „Ahnentempel“ hindeutet. Der Ahnentempel wurde zu Ehren von Huang Daopo, einer Pionierin der Textilherstellung in der Geschichte der Region, errichtet. Bereits in der Yuan- und Ming-Dynastie war die Baumwollindustrie in Shanghai hoch entwickelt.

„Meine Tante arbeitete damals in der Shanghaier Fabrik für Strickjacken“, erzählte Wang. „Allein diese Fabrik hatte mehrere Zweigstellen, von den Baumwollspinnereien ganz zu schweigen. Vor 1980 war die Baumwollblüte sogar die Stadtblume von Shanghai!“

Qiaojia-Straße: Einstiges Wohnviertel der Eliten

Folgt man der Lujiabang-Straße weiter nach Osten, erreicht man die dritte Station: die Qiaojia-Straße. Diese kaum 380 Meter lange Straße beherbergte die Anwesen mehrerer berühmter und einflussreicher Familien in Shanghais Geschichte.

Wang zeigte auf einen Mandarinenbaum am Straßenrand: „Wenn man diesen Baum findet, bedeutet das, dass  man die Stelle des ehemaligen Wohnhauses von General Qiao Yiqi aus der Ming-Dynastie gefunden hat.“

Beim Schlendern auf dieser Straße weist Wang auf ihre geschwungene Form hin: „Diese elegante Kurve zeigt, dass hier einst ein Fluss verlief – der Qiaojia-Fluss. 1912 wurde er zugeschüttet und zur Straße ausgebaut.“ Heute liegt die Qiaojia-Straße zwar etwas im Dornröschenschlaf, doch ist sie eingebettet zwischen zahlreichen Wolkenkratzern und gilt somit als Zeuge des Aufschwungs in einer neuen Ära.

Zum Ende dieses Streifzugs durch die Altstadt wird deutlich: Die „geheime“ Route verbindet nicht nur drei Orte miteinander, sondern macht auch Shanghais kulturelle Schätze erlebbar. Wie Wang Moyuan sagte: „Erst wenn man dies versteht, kann man Shanghai wirklich begreifen.“

 

Quelle: Shanghai Observer, kompiliert mit wichtigen Änderungen